Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels

ist ein Forschungsmuseum der Leibniz Gemeinschaft

Die Bundesgiraffe auf der MS Wissenschaft

Eine schwimmende Ausstellung tourt durch Deutschland: Wir, das Museum Koenig Bonn (LIB), sind dieses Jahr an Bord der MS Wissenschaft mit dabei! 

 

Das Wissenschaftsjahr 2024 steht unter dem Motto “Freiheit”. Kommt vorbei auf der MS Wissenschaft und findet heraus, was zwei Giraffen mit unserer Demokratie zu tun haben. Der Eintritt ist frei!

Laufzeit: 14. Mai - 3. Oktober (ab dem 22. September in Österreich)

Ort: An Bord der MS-Wissenschaft

Ausstellungsart: Mobile Sonderausstellung

  • Anlegedatum Hamburg: 12. - 16. Juni 2024, Sandtorhafen
  • Anlegedatum Bonn: 21. - 23. August 2024, Bonn KD Landebrücke 2, Brassertufer

Alle anderen Anlegedaten & -stellen findet Ihr im Tourplan!

Weitere Informationen:

Besuch & Tourplan

Alles zur MS Wissenschaft

Flyer und Exponattexte zur MS Wissenschaft 2024

 

Das Museum Koenig in Bonn ist kein gewöhnliches Naturkundemuseum, sondern auch ein historisch bedeutender Ort der deutschen Demokratie

VERANSTALTUNGEN

ZUR GESCHICHTE

Die „Bundesgiraffe(n)“ im Museum Koenig Bonn

Die Giraffe: eine besondere Tierart

Jedes Kind liebt Giraffen. Im Zoo, im Museum oder vielleicht sogar in der Natur stehen wir staunend vor diesem riesigen Tier. Und trotz des langen Halses besitzen Giraffen nur 6 Halswirbel - so wie fast alle Säugetiere. Männchen können knapp sechs Meter hoch werden und ein Gewicht von bis zu 2000 Kilogramm erreichen; dazu noch das ungewöhnliche Muster, die langen Beine und der besonders lange Hals – die Giraffe ist wirklich einmalig im Tierreich! Verständlich, dass auch Alexander Koenig (1858–1940) diese besondere Tierart für sein Naturkundemuseum in Bonn besitzen wollte, um sie den Besuchern im zentralen Lichthof zu präsentieren.

Bundesgiraffen in der Savanne

Seit dem Jahr 2003 sind die beiden „Bundesgiraffen” fester Bestandteil der aktuellen Dauerausstellung „Savanne – wechselvolles Paradies“ und begrüßen die Besucher. Foto: A. Koch, Museum Koenig Bonn.

Wie kamen die beiden Bonner Giraffen zu ihrem sonderbaren Namen?

Abgesehen von den artspezifischen Merkmalen der Giraffe, die sie von allen anderen Tierarten unterscheidet, haben die beiden Exemplare im Museum Koenig noch eine ganz besondere Geschichte, die zu ihrem sonderbaren Namen führte. 

Als nämlich nach dem Ende der Nazi-Diktatur Deutschland eine neue Regierung erhalten sollte, fand die konstituierende Sitzung des Parlamentarischen Rates am 1. September 1948 im Museum Koenig in Bonn statt, da kein anderes repräsentatives Gebäude zur Verfügung stand. Zuvor mussten jedoch erst noch die großen präparierten Tiere, die im Lichthof aufgestellt waren, in die Seitengänge verfrachtet werden - darunter die beiden großen Giraffen.

Lichthof Museum Koenig, Hugo Schmölz

Die beiden Giraffen standen seit der Eröffnung des Museum Koenig 1934 im Zentrum des großen Lichthofs. Foto: Hugo Schmölz, © Archiv Cox, Köln. 

In einem Beitrag „Zum Start des Parlamentarischen Rates in Bonn“ berichtete Walter Menzel (1901–1963), damals stellvertretender Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, unter der Überschrift „Eine Giraffe im Parlamentarischen Rat“ am 28. August 1948 in der „Rheinischen Zeitung“ über die Vorbereitungen in Bonn. Wahrheitsgetreu schrieb er: „(…) die langhalsige Giraffe wurde etwas beiseite gerückt,“ um sich direkt darauf die Antwort auf die anschließend selbst gestellte Frage zu geben, weshalb sie nur beiseite gerückt und nicht ganz beseitigt wurde? „Der Giraffe konnte man den Hals nicht beugen [, da sie aus Gips besteht]. Ihr Hinterleib steht nun im niedrigeren Seitengang, ihr vorwitziger Kopf bleibt im Plenum. Man hat ein Lattengerüst vor ihr aufgebaut. Hinter Tuch wird man sie vor dem hohen Hause verstecken.”

Parlamentarischer Rat, Eröffnungsfeier 1. September 1948, Lichthof Savanne Museum Koenig

Zur Eröffnung des Parlamentarischen Rats wurde die große Giraffe hinter einem hohen Vorhang versteckt. Foto: Erna Wagner-Hehmke, © Haus der Geschichte, Bonn.

Woher stammen die beiden Giraffen?

Die beiden Giraffen wurden 1913 während Alexander Koenigs sechster und letzter Afrika-Expedition gejagt. Die Reise verlief von Khartum, der Hauptstadt des Sudan, der damals unter britisch-ägyptischer Verwaltung stand, den Weißen Nil hinauf bis zu seinen Quell- und Nebenflüssen. Begleitet wurde Koenig unter anderem von seiner Frau Margarethe (1865–1943) und seinem Freund Hans Freiherr Geyr von Schweppenburg (1884–1963), der ebenfalls Ornithologe war und Alexander Koenig bereits auf zwei Reisen in den hohen Norden Europas begleitet hatte.

Nilreise

Alexander Koenig (Mitte) zusammen mit seiner Frau Margarethe (rechts von ihm) und Hans Freiherr Geyr von Schweppenburg (links von ihm) während der Afrika-Expedition. Foto: Archiv Museum Koenig Bonn, LIB.

Das stehende, männliche Exemplar wurde am 14. März 1913 von Alexander Koenig am Bahr el Zeraf (auf Arabisch بَـحْـر الـزّرَاف), dem Giraffenfluß, im heutigen Südsudan geschossen. Bei dem sitzenden Tier handelt es sich um ein Weibchen, das von Freiherr Geyr von Schweppenburg am 1. März am Bahr el Ghazal (auf Arabisch بحر الغزال), dem Gazellenfluß, erlegt wurde. Margarethe Koenig schilderte die Vorkommnisse an diesem Morgen in ihrem Tagebuch wie folgt: 

„Wir legten 6½ Uhr an der Holzstation Dabba el Gerdega an. Sehr viele Straußeneier wurden hier angeboten und von allen Leuten gekauft. Ich nahm 4 für Alex (1 Ei 4 Piaster). Dabei ist das Sammeln streng verboten! Die Herrn gingen direct aus, Alex sagte beim Fortgehen zu mir, die Büchse nehm ich nicht mit, hier ist sicher nichts los. Gegen 8 Uhr kam er mit von Geyr zurück. Vom Land rief er mir zu „rate mal, was Herr von Geyr geschossen hat“. Es mußte also etwas ganz Besonderes sein und so riet ich „Eine Giraffe“. Und so war es. Die Herrn waren durch die Hüttenniederlassung einem kleinen Buschwäldchen zugegangen. Da war plötzlich eine Giraffe angekommen, gehetzt von einem Hunde. Von Geyr, der voran war, kam schnell zu Alex gelaufen, was er thun solle und erhält die Erlaubniß zu schießen. Alex hatte, wie erwähnt, nur seine Schrothflinte mit, von Geyr seinen Drilling mit nur einer Kugel. Die Giraffe kam immer näher, verfolgt vom Hunde, beide Herrn dachten, das ist unmöglich eine wilde, das muß eine zahme Giraffe sein und schon krachte der Schuß und das wunderbare Geschöpf stürzte todt zu Boden. Das war ein Ereigniß! So ganz unerwartet, sozusagen direct in die Flinte gelaufen eine Giraffe!“

Erlegte weibliche Giraffe (Vorlage für eine Bronzeplastik)

Die von Freiherr Geyr von Schweppenburg erlegte weibliche Giraffe diente später als Vorlage für eine Bronzeplastik (siehe unten). Foto: Archiv Museum Koenig Bonn, LIB.

Wer hat die Giraffenpräparate und die Bronzeplastik des sitzenden Exemplars angefertigt?

Während Alexander Koenigs Afrika-Expedition waren die Präparatoren Robert Fendler (1881–1918) und der junge Heinrich Durstewitz (1914 im Ersten Weltkrieg gefallen) für die Konservierung der Häute und Skelette der erlegten Tiere verantwortlich. Bedingt durch ihren vorzeitigen Tod sowie die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, verzögerten sich sowohl die Fertigstellung des neuen Museumsgebäudes sowie die dermoplastische Präparation der mitgebrachten Jagdtrophäen, so dass beides erst Ende der 1920er Jahre fortgeführt werden konnte.

Alexander Koenigs Präparatoren Robert Fendler und der junge Heinrich Durstewitz waren während der Afrika-Expedition für die Konservierung der Häute und Skelette verantwortlich.

Alexander Koenigs Präparatoren Robert Fendler und der junge Heinrich Durstewitz waren während der Afrika-Expedition für die Konservierung der Häute und Skelette verantwortlich. Foto: Archiv Museum Koenig Bonn, LIB.

Alexander Koenigs neuer und talentierter Oberpräparator Berthold Korf (1893–1981) führte Anfang der 1930er Jahre die dermoplastische Aufstellung der beiden Giraffen fort. Er wurde während der Eröffnung des Museums am 13. Mai 1934 von Koenig in den höchsten Tönen gelobt. Da Korf aber Nationalsozialist war und andere Museumsmitarbeiter schikanierte, wurde er später fristlos entlassen. Unter den Nazis machte er dann bei der Stadt Bonn Karriere; Oberbürgermeister Rickert übertrug ihm sogar das Polizeidezernat. 

Präparator und Tierbildhauer B. Korf, verantwortlich für die Giraffen, stellte Bronzeplastik her.

Der Präparator und Tierbildhauer Berthold Korf war unter anderem für die Aufstellung der beiden Giraffen im Museum Koenig verantwortlich. Er erschuf auch die Bronzeplastik des sitzenden Exemplars. Foto: Archiv Museum Koenig Bonn, LIB.

Basierend auf der Vorlage der Giraffenpräparate, erschuf Korf auch die Bronzeplastik eines sitzenden Exemplars, die seit damals im ehemaligen Arbeitszimmer von Alexander Koenig auf einem Fenstersims steht. Sie ist erstmalig vom 14. Mai bis zum 15. September 2024 an Bord der MS-Wissenschaft zu sehen. Das vom BMBF ausgerufene Wissenschaftsjahr 2024 steht unter dem Motto “Demokratie und Freiheit”.

Bronzeplastik der sitzenden „Bundesgiraffe”.

Die Bronzeplastik der sitzenden „Bundesgiraffe” aus Alexander Koenigs ehemaligem Arbeitszimmer, von dem aus Konrad Adenauer (1876–1967) einige Zeit lang 1949 Deutschland regierte. Die Plastik ist Teil der Ausstellung auf der MS-Wissenschaft 2024. Foto: K. Meusemann, LIB.

Wie viele Giraffenarten gibt es eigentlich?

Nachdem alle Giraffen lange Zeit zu einer einzigen Art (Giraffa camelopardalis) mit mehreren Unterarten gezählt wurden, werden heute drei verschiedene Giraffenarten anerkannt: Die Nord-Giraffe (Giraffa camelopardalis) aus dem nördlichen Afrika, die Süd-Giraffe (G. giraffa) aus dem südlichen Teil des Kontinents sowie die Massai-Giraffe (G. tippelskirchi) aus Ost-Afrika. Ihrer Herkunft entsprechend gehören die beiden Bonner „Bundesgiraffen” zur nubischen Unterart (G. camelopardalis camelopardalis) der Nord-Giraffe. Zur Familie der Giraffen wird außerdem noch das Okapi (Okapia johnstoni) gezählt; es wird auch als Waldgiraffe bezeichnet, auch wenn die morphologischen Ähnlichkeiten nicht sofort ins Auge fallen. Sie leben im schattigen Regenwald in der Demokratischen Republik Kongo.

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K.Schmidt-Loske [at] leibniz-lib.de

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Eine kleine Bildergalerie durch die Enstehung und über den Verlauf der Ausstellung auf der MS Wissenschaft 2024 - Exponat 17

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